Freitag, 11. Juli 2014

Abschied, Jahresbilanz - letzter Blogeintrag in Argentinien

In 4 Tagen geht mein Flieger nach Buenos Aires.

Alsoo, ich denke ich habe meine letzte Zeit gut genutzt.
Diesen Montag bin ich zu den Salinas gefahren. Was ist das? Wie soll ich das erklären. Also das sind riesige Salzansammlungen, das sieht aus wie ein riesiges Meer aus Salz. Alle haben immer gesagt, ich muss das unbedingt in Jujuy gesehen haben, und ich dachte nicht nochmal hinzukommen, aber wir haben spontan mit ein paar anderen Austauschschülern beschlossen doch noch hinzufahren. Und es hat sich wirklich gelohnt muss ich sagen. Es war ein wirklich schöner Tag, mit Sonne und nach Langem mal wieder Englisch. Ich mag es viele Sprachen zu sprechen, weil es einfach egal ist, ob das was man von sich gibt, perfekt ist oder eben ein paar Fehler hat. 
Dienstag war dann mein letzter Schultag. Ziemlich unspektakulär ehrlich gesagt. Ich weiß nicht, ob es an mir liegt, aber ich bin im Moment ein bisschen enttäuscht und unzufrieden mit Allem.
Das Ding ist, gestern ist mein gesamter Jahrgang, und damit alle meine besten Freunde auf Abschlussreise nach Bariloche gefahren. Und ich konnte leider nicht mit, weil ich ja am Dienstag fliege. Und die waren alle total aufgeregt, und dabei ist mein Abschied leider ziemlich untergegangen, aber was solls.
Gestern bin ich dann mitgekommen, um allen tschüss zu sagen. Auch meiner Schwester. Wie war der Abschied? Naja Abschiede sind ja nie so wirklich toll. Dieser war schrecklich. Der Abschied aus Deutschland war was Anderes, weil ich ja genau wusste, dass ich spätestens in einem Jahr wieder Alle wieder sehen werde. Dieses Mal ist es ein Abschied auf ungewisse Zeit. Und dieses Gefühl ist schrecklich. Ich war vorher nie eine Person, die sonderlich viel bei Abschieden weint, aber gestern gings nicht anders, ich war völlig verheult, und meine besten Freunde haben auch Alle geheult. Es war ein extrem schwerer Abschied, ich kann immer noch nicht ganz glauben, dass jetzt Alles vorbei ist, und ich die Leute so nie wieder sehen werde. Das schlimmste war, dass meine Schwester jetzt auch nicht mehr da ist. Es fühlt sich zu Hause so unglaublich leer an. Und ich muss noch bis Dienstag hier durchhalten. Aber was kann man machen, irgendwann musste es ja mal zu Ende sein, und wenns am Schönsten ist, soll man aufhören. 
Ich hab unglaublich viele Fotos, so werde ich das Alles niemals vergessen. 
Gestern hat mein Hund dann noch Hundewelpen bekommen! 6 kleine Boxer, die sind wie kleine Mäuse so nieeeeedlich *-* 
Dann mal zu was Anderem. Der WM. Gott ihr wisst gar nicht, wie schrecklich das ist, dass Argentinien gegen Deutschland spielt. Und dann auch noch im FINALE. Die Argentinier sind ziemliche Fußballfanatiker, und naja verlieren finden sie gar nicht gut. Ich wurde schon dumm angemacht, nur weil wir gegen Argentinien vor 8 Jahren mal gewonnen haben. Die sind da ziemlich empfindlich. Naja und jetzt ist es auch noch ein argentinisch deutsches Finale. Wirklich glücklich bin ich nicht damit, aber was solls. Ich bin deutsche, und darauf bin ich stolz, aber ich bin nun mal in Argentinien, also behalte ich den Stolz mal lieber für mich. Ich werd offiziell einfach neutral sein, aber hab natürlich trotzdem meinen Favoriten. 

Dann will ich mal zum letzten Teil kommen. Meiner Jahresbilanz, ich versuche mal Alles zusammenzufassen. 
Ich hab so einige Punkte.
Fang ich mal an meiner persönlichen Erfahrung an.
Wie fühle ich mich im Moment?
Ganz ehrlich, Argentinien 13/14 war mit Sicherheit das schwierigste, schrecklichste, tollste, wunderbarste, aufregendste, erfahrungsreichste, anstrengendste und nervenauftreibendste Jahr meines Lebens.
Ich will auf jeden Fall nochmal ein Jahr ins Ausland gehen, aber einen Schüleraustausch würde ich nicht noch einmal machen. 
Ich bin in vielen Dingen ziemlich enttäuscht, wie sie abgelaufen sind. Ich hab das Gefühl, dass es so nicht gerecht war, weil ich so viele andere Austauschschüler sehe, die so viele Dinge so viel Schöner hatten. 
Und da kommen wir auf den Punkt, der mich am aller Meisten wütend macht. AFS. Es ist mir relativ egal, ob ich dass hier so hinschreiben sollte, oder nicht, ich finde man muss mal eine ehrliche Kritik abgeben. Ich spreche hier nicht von AFS Deutschland, nicht von AFS Argentinien, ich spreche von meinem örtlichen Komitee AFS San Salvador de Jujuy. AFS hat meiner Meinung nach eine große Verantwortung an meinem großen Familiendrama. Eigentlich ist es ja einfach, und gar nichts Schlimmes, wie mir immer in Deutschland gesagt wurde. Wir sollen keine Angst haben, zu sprechen, dass es normal sei, jeder zweite Austauschschüler wechsele seine Gastfamilie. Ich hatte einen AFS-Betreuer, der aber das Alter meiner Eltern hatte, und dann auch noch ein Mann war. Ich hatte große Probleme mich ihm anzuvertrauen, und die AFS Voluntäre wollten mir hier auch nicht wirklich helfen, war den zu stressig, und sie wussten auch nicht, was sie machen sollen. Niemand war von denen im Ausland. Nach 7 schweren Monaten habe ich es dann geschafft zu reden, und der Beschluss Gastfamilienwechsel stand fest. Naja damit fing das ganze Drama ja erst an. AFS war nicht dazu in der Lage mir auch nur eine Übergangsfamilie zu suchen, also habe ich das eigenständig gemacht. Nach unzumutbaren Zuständen meiner zweiten Gastfamilie, und einem weiteren schrecklichen Monat, habe ich dann selber meine endgültige Gastfamilie gefunden. Die Kommunikation zwischen Argentinien und Deutschland war voller Missstände, sodass ich ernsthaft gefragt wurde, ob ich denn nicht die Provinz wechseln möchte, weil AFS es nicht geschafft hat eine Familie zu finden. Im April stand ich an dem Punkt abzubrechen, und nach Hause zu fliegen, weil es Alles so Schrecklich war. Was ich Gott sei Dank aber nicht gemacht habe, das hätte ich mir nie verziehen. Für einen anderen Austauschschüler aus meiner Stadt konnte dann aber problemlos innerhalb einer Woche eine Familie gefunden werden, das ist das was mich so wütend macht. Es ist meiner Meinung nach nicht gerecht abgelaufen, aber ich habe mich schon genug aufgeregt. AFS Camps hatte ich nie, nur so komische Orientationen, die immer einen Nachmittag gingen. Während andere Provinzen wie Salta ständig AFS Aktivitäten hatten, hatte ich NICHTS davon. Wir haben gar nichts gemacht, wir haben Alles immer privat organisiert. Das Positive daran war, dass ich so viel freier und ohne AFS mein Leben hier leben konnte. Auch wenn das nicht die Idee ist. 
Letzten Endes bin ich zu einer Freundin gezogen, und was Besseres hätte mir nie passieren können, weil ich in ihrer Familie eine unglaublich tolle letzte Zeit hatte, und ich meine letzten drei Monate hier wirklich glücklich war. Und das kann ich aus vollem Herzen sagen, ich war unglaublich glücklich hier. Ich hatte endlich das Gefühl ein Teil einer Familie zu sein, und ich hab mich unglaublich gut mit Allen verstanden. Vielleicht war es auch einfach einfacher, weil ich schon mehr als ein halbes Jahr hier war, und 'argentinisiert' war. 
Ich habe eine unglaublich tolle Familie jetzt, aber es ist einfach nicht das Selbe, wie eine Familie mit der man ein ganzes Jahr gelebt hat. Dafür war es in meinem Fall dann aber auch einfach zu spät, es ging mehr darum, dass ich eine schöne letzte Zeit habe. Und die hatte ich. 
Dann mal zu den schönen Dingen, ich hatte letzten Endes doch noch die Möglichkeit relativ viel zu reisen, und ich weiß jetzt, dass Argentinien nicht nur Jujuy ist, sondern unglaublich vielseitig ist. Ich habe unglaublich viele Freunde hier gefunden, und unter diesen habe ich wirklich echte und wundervolle Freunde, die ich jetzt schon unglaublich vermisse. 
Auch wenn ich viel Schlechtes erlebt habe, möchte ich nicht, dass das so aussieht das es mehr Schlechtes als Gutes war. Das Gute am Schlechten war, dass ich unglaublich viel gelernt habe. Ich glaube ich habe mich unglaublich verändert. Meine Erfahrung war einzigartig, und ich sollte aufhören, sie mit denen der Anderen zu vergleichen. Nichts passiert ohne Grund. Und ich bin in vielen Dingen schlauer geworden. Ich habe über die Kultur und vor Allem über Menschen gelernt. Ich glaube ich konnte am Ende meine deutsche Oberflächlichkeit ablegen, und einfach ich selbst sein. 
Ich habe Spanisch gelernt, das ist so unglaublich! Am Anfang hätte ich mir nie träumen lassen, so eine Sprache zu lernen. Ich bin stolz, wenn mir immer wieder gesagt wird, wie unglaublich gut ich spreche. Ich liebe den argentinischen Akzent. 
Ich habe zwischendurch wirklich unglaublich zugenommen, ich glaube das waren bestimmt 10 Kilo, davon ist das Meiste aber schon wieder runter, und ich habe es das erste Mal in meinem Leben geschafft ernsthaft Diät zu machen, und ich bin auch ständig ins Fitnessstudio gegangen. Und naja wie heißt es doch? AFS another fat student. Auch egal.
Ich bin ein Jahr auf eine katholische Privathochschule gegangen. Das war definitiv eine Erfahrung, aufstehen, wenn der Lehrer reinkommt, jeden morgen, wirklich jeden verdammten Morgen die Bibel lesen. Die argentinische Flagge hissen. Die Schuluniform, die ich mir auf jeden Fall mit nach Deutschland nehme. Auch wenn ich mich das ganze Jahr mein Thema Kirche in der Schule immer zurück gehalten habe, weil ich einfach nicht katholisch bin, mochte ich meine Schule. Ich mochte vor Allem die Menschen, und die Aktivitäten und Dinge und einfach Alles was außerhalb des Unterrichts gemacht wurde. Außerdem war es sooooo entspannt, nicht zu lernen. Ich habs zwischendurch mal gemacht, aber war mir zu stressig, ich mein wann hat man nochmal im Leben die Möglichkeit ein Jahr lang nur zu entspannten. Und ich verliere das Schuljahr ja sowieso. 
Ich war nicht nur in Argentinien, ich war in Bolivien, Paraguay und Brasilien. Das ist einfach unglaublich. Zwischendurch wollte ich wirklich zurück nach Deutschland, aber jetzt will ich nicht nach Hause. Mein zu Hause ist jetzt hier, mein Leben ist hier. Wie soll ich das bitte am Dienstag ALLES zurück lassen? Ich weiß es nicht. 
Ich kann es nur empfehlen ein Auslandsjahr zu machen. Es ist eine unglaubliche Erfahrung, und man wird erwachsen in diesem Jahr. Es war die tollste Erfahrung, die ich machen durfte. Und ich bin so unglaublich dankbar, dass meine Eltern mir so etwas ermöglicht haben. Das bedeutet mir unglaublich viel, und es hat mein Leben verändert. 
Auch wenn nicht immer Alles glatt läuft, das Leben wäre langweilig, wenn es perfekt wäre. Nichts passiert ohne Grund, und ja ich hatte schlechte Zeiten, aber die guten Zeiten überwiegen.
ARGENTINIEN wird immer ein Teil von mir sein, und ich will auf jeden Fall zurück kommen. Ich weiß noch nicht wann, und wie, aber ich weiß, dass ich auf jeden Fall eines Tages zurück komme, und alle meine Freunde sehen werde. 
Also fliege ich mit einem weinenden und lachenden Auge nach Hause. 
Ich glaube in Deutschland wird mich dann erstmal der Schlag treffen, ich weiß nicht mal mehr, wie man sich in Deutschland begrüßt. Die Umgewöhnung wird hart, und ich will gar nicht daran denken, dass ich wieder zur Schule muss, und mein Leben auf einmal wieder ernst wird. 
Was werde ich wohl am Meisten vermissen? Klar meine Freunde, ich glaube ich werde das argentinische Nachtleben vermissen, das ist einfach einmalig hier. Das Essen, das Fleisch und Empanadas! Die argentinische Entspanntheit, und die Menschen. Das Nichts in der Schule Tun. Die Musik in den Clubs, wer hört jetzt mit mir Cumbia? Spanisch sprechen! Mit meinen besten Freundinen dummes Zeug labern, und einfach ihre Anwesenheit. Ungeschminkt in Jogginghose in der Stadt rumlaufen ohne deswegen doof angeguckt zu werden. Die Aufmerksamkeit, die man als einzige Blondine weit und breit hat. Dulce de Leche und Facturas. Mate in der Schule trinken! Mir jeden morgen die Schuluniform anzuziehen. 'alemana' genannt zu werden. Asado mit der Familien an Sonntagen. Im Abschlussjahrgang sein. Das schöne Wetter, wirklich jeden Tag. Eine Schwester zu haben. Unpünktlich sein zu dürfen, wobei ich es irgendwie nie wirklich schaffe unpünktlich zu sein. JUJUY! Meine kleine Miniprovinz wo sich jeder kennt. Die Berge. Einfach so viele Dinge. 
ARGENTINIEN 2013/14 vielleicht war es das beste Jahr meines Lebens, vielleicht auch nicht. Eins war es auf jeden Fall es war mein Jahr. Und es ging viel zu schnell um.




Küsse nach Deutschland, man sieht sich dann in einer Woche <3

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