Meine Lieben,
Ich melde mich mal wieder.
Hab so lange nichts geschrieben, weil nicht so wirklich was erwähnenswertes
passiert ist, und nach wie vor immer noch nicht wirklich.
Ich versuch mal den letzten Monat revue passieren zu lassen.
Ich denke mein Spanisch hat sich deutlich verbessert, sagen mir hier auf
jeden Fall alle, ich versteh schon viel mehr, und reden klappt einigermaßen gut.
Ich glaube, ich fange an, mich unbewusst anzupassen. Mein Modegeschmack verändert sich, ich trink meinen Tee immer öfter mit Zucker, ich liebe Dulce de leche, ich mach jeden Tag siesta, ich geh ins Fitnesstudio, ich geh fast nur noch ungeschminkt in die Schule etc... So viele Dinge, die ich vorher nie gemacht hab. Auch werde ich geduldiger, und reg mich nicht mehr ganz so schnell auf. Ich glaub die meisten Veränderungen passieren sowieso unbewusst, und ich bemerk die gar nicht.
Die 'Alles ist so neu und toll' Zeit ist vorbei. Ich fang an die
Dinge anders zu sehen, und mir immer mehr drüber Gedanken zu machen. Mir fällt
der enorme Unterschied zu meiner Kultur immer extremer auf. Was nicht heißt, das ich es schlechter finde. Das einzige was mich hier echt ein bisschen nervt, ist das ständige Gebete in der Schule, ich bin halt am Ende nicht katholisch. Es ist nicht schlechter oder besser hier. Es ist ganz einfach anders.
Schule ist nach wie vor echt ziemlich langweilig, ich kann nicht mitmachen,
weil ich kein Plan hab, wovon die reden, heißt ich sitze meine Zeit ab, und
langweile mich zu Tode.
Vor zwei Wochen war hier Muttertag, da sind wir ohne meinen Bruder nach
Bolivien gefahren. Hauptsächlich um billig einzukaufen, das ist echt heftig,
wie viel teurer hier alles ist! Ich weiß nicht warum, aber ich fand die
Autofahrt mit am Besten, weil wir durch den ganzen Norden gefahren sind, und
man die Berge gesehen hat, und man dabei super nachdenken konnte.
Sonst ist echt so gut wie nix passiert. Ich darf nicht feiern gehen, heißt
meine Wochenenden gestalten sich eher langweilig.
Wochenenden sind sowieso eher Familientage. Die Familie sieht man
mindestens 2 mal die Woche, das ist hier wirklich so wichtig. Familie steht an
erster Stelle. Ich finds schön mal sowas zu haben, weil meine Familie in
Deutschland so weit weg wohnt, und auch eher Familie im Miniformat ist. Hier
ist die Familie so groß! Und man isst zusammen, und alle verstehen sich.
Meine Familie hier ist mega harmonisch. Hier hat sich noch nie jemand
gestritten, und alle verstehen sich super. Bis jetzt komm ich mit meiner Familie
sehr gut klar, und bin glücklich hier zu leben.
Ich geh zweimal die Woche schwimmen, und ab nächster Woche dreimal noch ins
Fitnesstudio.
Ich nehm konstant zu, und versteh nicht warum. Echt nicht soo super :D
Das ist mein momentaniges Highlight.
Da meine Freunde nachmittags alle lernen müssen, Aktivitäten haben, trifft
man sich halt abends zum feiern, aber eben ohne mich.
Inzwischen haben sich echte Freunde, und nicht echte Freunde rausgefiltert.
Ich bin froh Personen zu haben, den ich wirklich vertrauen kann.
Soo mal was Interessantes für die Mädels. Wer denkt die Argentinier sind so
die Machos und Frauenhelden, und überhaupt die Frauenaufreisser, ganz so läuft
es nicht.
Das läuft hier mal ganz anders ab, als in Deutschland. Meine Freundinen
haben mir das letzte Woche erklärt.
Wenn die ein Mädchen gut finden, sind die am Anfang auch mega aktiv, und
tuen ganz viel, aber sobald die sich sicher sind, das Mädchen zu haben, machen
die nix mehr. Hier ist das eher so, dass die Mädchen dann den ersten Schritt
machen müssen, und aktiv sind.
Die Rollen sind hier irgendwie genau umgekehrt, die Mädchen sprechen
irgendwelche Typen auf offener Straße nach der Nummer an, und sowas. Find ich
schon sehr irritierend.
Ich hab mich dran gewöhnt, dass ich nach wie vor angeglotzt werde, aber bin
noch nicht ausgerastet. Hab mich damit abgefunden.
Die letzten Tage hatten wir hier so eine mega Hitze! Und dann gestern ganz
plötzlich hat es so heftig geregnet und gehagelt, dass man dacht die Welt geht
unter! Grad regnets hier schon wieder ziemlich!
Ich war dummerweise im Zentrum, wir hatten kompletten Stromausfall, und ich
war sowas von nass, hab einen Schuh und kurz meine Orientierung verloren. Aber
ich habs überlebt. Die Straßen waren wie Flüsse, und die meisten Häuser wurden
überflutet, teilweise wurden die Leute evakuiert.
Heute morgen sah alles aus wie ein Schlachtfeld.
Mein Handy hat einen leichten Schaden davon genommen, aber überlebt.
Falls das jetzt Alles so klingt, als wenn es mir nicht gut geht. Das stimmt
nicht, mir geht es nach wie vor Bestens hier, aber ich denk momentan viel über
Alles nach, und bald fängt die Weihnachtszeit an.
Es ist eben nicht wie mein Leben in Deutschland hier.
Ich liebe Argentinien nach wie vor, und will auch erstmal nicht weg hier.
<3
Sonnig verregnete Grüße aus Jujuy .
Ich melde mich wieder, vermisse euch <3 <3 <3
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